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Informationen

1938

geboren in Berlin

1972 bis 1975

Tänzerin bei Gerhard Bohner in Darmstadt

Seit 1976

Assistentin beim Tanztheater Wuppertal

1977 bis 1979

Tänzerin in vier Uraufführungen von Pina Bausch

1980 bis 2016

Kostümbildnerin beim Tanztheater Wuppertal

2. Dezember 2023

stirbt in Wuppertal


Biografie

Marion Cito

wird 1938 in Berlin geboren, wo sie im Alter von zehn Jahren ihre Tanzausbildung bei Tatjana Gsovsky beginnt, die sie später in ihr Ensemble an der Deutschen Oper Berlin engagiert. Rasch steigt Marion Cito zur Ersten Solistin auf, die außer in Gsovsky-Kreationen auch in Gastchoreografien von George Balanchine, Kenneth McMillan, Serge Lifar, John Cranko und Antony Tudor auftritt. Ihre Stärke ist das Charakterfach. Daneben ist sie offen für Neues, tanzt in den ersten Stücken ihres Tänzerkollegen Gerhard Bohner. Als Bohner 1972 die Leitung des Balletts in Darmstadt übernimmt, geht Marion Cito mit ihm. Doch nach drei Jahren endet das Projekt aufgrund von Differenzen mit der Theaterleitung. Wegen gesundheitlicher Probleme möchte Cito nicht mehr tanzen. Pina Bausch engagiert sie 1976 als Assistentin nach Wuppertal und überredet sie, als Not am Mann ist, für Blaubart, Komm, tanz mit mir und Renate wandert aus noch einmal auf die Bühne zurückzukehren.

Von der Tänzerin zur Kostümbildnerin

1980 bringt eine weitere Wende. Als Pina Bauschs Lebens- und Arbeitspartner Rolf Borzik stirbt, bittet die Choreografin Marion Cito, die Gestaltung der Kostüme zu übernehmen. Die Aufgabe ist hoch anspruchsvoll. Entsprechend der Arbeitsweise des Tanztheaters, die sich intensiv auf die Persönlichkeit seiner Tänzer:innen einlässt, müssen auch die Kostüme individuell sein und doch zugleich ein Gesamtbild ergeben. Sie sollen an den Alltag erinnern und ihn zugleich überschreiten. Schönheit und Eleganz wechseln sich ab mit dem Schlichten und Einfachen. Daneben muss stets Platz sein für eine kindliche Lust an Verkleidungen, die schräge und irritierende Figuren hervorbringt: ein kräftiger Mann, der im knappen Lurex-Minirock den Pfeile schießenden Gott Amor gibt; ein Mann als mürrische Alte oder romantische Ballerina im langen Tutu. Immer wieder tauchen in den Stücken Männer in Frauenkleidern auf – nicht als vordergründiger Travestie-Effekt, sondern um ein Fragezeichen hinter gängige Rollenklischees zu setzen. Kleider machen Leute; sie gehören zum Rollenspiel zwischen den Geschlechtern und sie spielen an auf das gesellschaftliche Ambiente.

Heikle Balancen

Für jede Produktion legt Marion Cito einen Probenfundus an, kauft auf den ausgedehnten Gastspielreisen in aller Welt Stoffe und Kleider. Bei all dem muss sie sich auf ihre Intuition verlassen. Vor Probenbeginn muss sie ahnen können, in welche Richtung sich ein Stück möglicherweise bewegen wird, und entsprechend vorplanen, andernfalls könnten sie und die Werkstätten mit der Stückentwicklung nicht Schritt halten. Weil die Stücke erst relativ spät zusammengesetzt werden, stellen sich die pragmatischen Probleme erst gegen Ende heraus: mangelnde Zeit für Umzüge, Farbkombinationen durch neue Konstellationen im Bühnengeschehen, die zunächst nicht geplant waren. Hier ist hohe Flexibilität und schnelles Reaktionsvermögen gefragt. Arbeitsintensiv ist auch die zunehmend umfangreiche Repertoirepflege: durch notwendige Umbesetzungen oder – nicht selten – schwangere Tänzerinnen. Ihre Arbeit gleicht einem Spiel mit zahlreichen Variablen und etlichen Unbekannten – und doch entwickelt sie mit den Jahren eine souveräne Gelassenheit, die aus einer tiefen Liebe zu den Stücken und deren Weltsicht resultiert. Erst 2016, nach vierzig Jahren, verabschiedet sich Marion Cito vom Tanztheater Wuppertal in den Ruhestand. Am 2. Dezember 2023 stirbt Marion Cito in Wuppertal.

Text von Norbert Servos


Galerie


Stückentstehung

Spielzeit 1976/77
Spielzeit 1977/78
Spielzeit 1978/79
Kontakthof

Mitarbeit

Spielzeit 1978/79
Arien

Mitarbeit

Spielzeit 1979/80
Spielzeit 1979/80
Spielzeit 1980/81
Bandoneon

Kostüme

Spielzeit 1981/82
Walzer

Kostüme

Spielzeit 1982/83
Nelken

Kostüme

Spielzeit 1984/85
Spielzeit 1985/86
Viktor

Kostüme, Mitarbeit

Spielzeit 1986/87
Ahnen

Kostüme

Spielzeit 1989/90
Spielzeit 1990/91
Tanzabend II

Kostüme

Spielzeit 1992/93
Spielzeit 1993/94
Spielzeit 1994/95
Danzón

Mitarbeit, Kostüme

Spielzeit 1995/96
Nur Du

Mitarbeit, Kostüme

Spielzeit 1996/97
Der Fensterputzer

Kostüme, Mitarbeit

Spielzeit 1997/98
Masurca Fogo

Mitarbeit, Kostüme

Spielzeit 1998/99
O Dido

Kostüme, Mitarbeit

Spielzeit 1999/2000
Kontakthof. Mit Damen und Herren ab „65“

Mitarbeit, Kostüme nach dem Entwurf von Rolf Borzik

Spielzeit 1999/2000
Wiesenland

Kostüme, Mitarbeit

Spielzeit 2000/01
Água

Kostüme, Mitarbeit

Spielzeit 2001/02
Spielzeit 2002/03
Nefés

Mitarbeit, Kostüme

Spielzeit 2003/04
Ten Chi

Mitarbeit, Kostüme

Spielzeit 2004/05
Rough Cut

Mitarbeit, Kostüme

Spielzeit 2005/06
Vollmond

Mitarbeit, Kostüme

Spielzeit 2006/07
Bamboo Blues

Kostüme, Mitarbeit

Spielzeit 2007/08
'Sweet Mambo'

Kostüme, Mitarbeit

Spielzeit 2008/09

Bei jedem Stück von Pina Bausch empfand ich eine unwiderstehliche Bewunderung für die Kostüme von Marion Cito, die sich untrennbar mit dem „Körper“ und den Bewegungen der Tänzer verbanden und bestens die Intentionen unserer Choreografen-Freundin vermittelten.

Yohji Yamamoto, 2014

Die Kostüme von Marion Cito sind wesentlich für die Ästhetik und auch das Theatrale der Arbeit von Pina Bausch. Marion Citos Kostüme verleihen der natürlichen Eleganz der Frauen und Männer des Tanztheater Wuppertal etwas Exemplarisches. Sie betonen die Schönheit Ihrer Bewegungen, die individuelle Persönlichkeit eines jeden Tänzers und die Harmonie dieser außergewöhnlichen Gemeinschaft des Tanztheater Wuppertal.

Anne Teresa de Keersmaeker, 2014

Aus dem Pina Bausch Archiv
Marion Cito


Uraufführungen


Getanzt in


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