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Biografie

Scott David Jennings

wird 1988 im englischen Tunbridge Wells/Kent geboren und beginnt im Alter von 14 Jahren eine vierjährige Ausbildung an der Brit School, einer Schule für darstellende Kunst in Croydon nahe London. Hier entdeckt er seine Liebe zum zeitgenössischen Tanz und wechselt 2006 an die London Contemporary Dance School für eine weitere dreijährige Ausbildung. Neben den verschiedenen technischen Trainings faszinieren ihn vor allem die kreativen Möglichkeiten der Improvisation. Nach seinem Abschluss engagiert ihn Matthew Bourne für seine Version von Swan Lake, mit der er in Europa, Asien und den USA auftritt. Danach arbeitet er freiberuflich u.a. mit Luca Sivestrini, Melly Still, Maxine Doyle und Alexandra Waierstall, unterrichtet und gibt Workshops in Großbritannien, Italien, den USA und Chile.

Etwas Rohes, etwas Menschliches

Er ist 16, als er zum ersten Mal Arbeiten von Pina Bausch in London sieht. Es ist der Doppelabend mit Café Müller und Das Frühlingsopfer, der ihn in seiner Mischung aus „Rohheit“ und etwas „zutiefst Menschlichem“ beeindruckt. Viele Jahre später, während der Olympiade 2012 in London, hat Jennings die Gelegenheit, eine ganze Serie von Stücken des Tanztheaters in sehr kurzer Zeit zu sehen. Er ist überwältigt von der Fülle der Bilder, kleinen Geschichten, Tänze, Farben und Musiken, die alle die unterschiedlichsten Gefühle auslösen. Nicht nur, weil er sich von jeher neben dem Tanz auch für die darstellerische Arbeit interessiert, sondern weil er die Magie der Stücke von innen her erleben will, nimmt er im gleichen Jahr an einer Audition in Wuppertal teil. Er wird angenommen und gleich in einer Vielzahl von Repertoirestücken eingesetzt.

Eine Welt für sich

Die ersten Monate sind intensiv. Es gilt, eine Fülle von Informationen zu verarbeiten. Dabei geht es nicht nur darum, bestimmte Bewegungen, Abläufe, das korrekte Timing zu erlernen. Mehr geht es darum, eine bestimmte Haltung, eine Art zu sein, eine Idee hinter den Handlungen zu begreifen, um eine Rolle erfüllen zu können. Die ist für jeden Darsteller immer wieder neu und anders zu finden, wenn er in einem Stück einen Part übernimmt. Es ist eine Reise in eine eigene Welt und letztlich für jeden Darsteller auch eine Reise zu sich selbst. Das braucht Zeit und allmähliche Einfühlung. Nach dem Auftakt mit Der Fensterputzer lernt Jennings viele weitere Stücke: Iphigenie auf Tauris, Das Frühlingsopfer, Kontakthof, Bandoneon, Nelken, Auf dem Gebirge hat man ein Geschrei gehört, Viktor, Ahnen, Palermo Palermo, Danzón, Wiesenland, Für die Kinder von gestern, heute und morgen, Vollmond. Außerdem tritt er 2015 in den Neukreationen von François Chaignaud und Cecilia Bengolea für das Tanztheater auf. Sind es zunächst kleinere Rollen für Jennings, so wird die Übernahme von Lutz Försters Part in Nelken zur ersten großen Herausforderung. Er muss die richtige Balance finden: einerseits dem Stück zu geben, was es braucht, andererseits nicht seinen Vorgänger zu imitieren, sondern er selbst zu sein. Das gelingt von Vorstellung zu Vorstellung mal besser, mal schlechter. Wesentlich ist, die Spannung auszuhalten, sich nicht in vermeintliche Sicherheiten zu flüchten, sondern als Darsteller auf der Bühne verletzbar und damit berührbar zu bleiben. Diese Offenheit zu bewahren, gehört zum Werk der Pina Bausch dazu und garantiert ihm eine Transparenz, die mehr ist als eine perfekt exekutierte Show. Mit dem Ende der Spielzeit 2017/18 verlässt Scott Jennings das Tanztheater Wuppertal, um sich eigenen Projekten zu widmen.

Text: Norbert Servos


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